Institut für Traumahilfe e.V. Stressbewältigung und Körperarbeit

Eigentlich ist Stress etwas Gesundes, weil unser System dann aktiv wird und uns so ermöglicht, unser Leben zu gestalten und Probleme zu bewältigen. Wenn wir aber traumatische Erfahrungen gemacht haben und durch schwierige Umstände häufig unter Stress stehen, läuft unser Nervensystem zu oft auf “Hochtouren” und wir können nicht mehr genügend herunterfahren, um in einen inneren ausgeglichenen Zustand zu gelangen. Das innere System ist ständig alarmiert. Aber eigentlich ist unser Körper in der Lage, nach einer Anspannung auch immer wieder zu entspannen und in ein inneres Gleichgewicht zurückzukehren. Bei zu großer Belastung ist der Zugang dazu aber häufig „verschüttet” und braucht Unterstützung, um sich wieder zu öffnen und die Fähigkeit zur Selbstregulation zurück zu gewinnen. Wenn wir lernen, die Stressfaktoren zu erkennen und die Belastung zu reduzieren, können wir besser für uns sorgen und uns wieder mehr entspannen. Dazu gehört auch, die eigenen vorhandenen Ressourcen auf dem Weg zu besserer Stressbewältigung zu erkennen und wieder aktiv zu nutzen. Die Körperarbeit kann dabei große Dienste leisten. Sie umfasst Bewegung, spezielle Übungen zur Körperwahrnehmung, vielfältige körperorientierte Methoden zum Stressabbau, achtsame Berührung, Vertiefung der Atmung, gezielte strukturierte Körperbehandlung und sanfte Massagen. Festgehaltene Spannungen können sich so lösen, unterdrückte Emotionen ins Fließen kommen und der Körper in sein natürliches Gleichgewicht zurückfinden. Denn viele psychische Belastungen zeigen sich im Körper – sei es durch chronische Verspannungen, Unruhe oder das Gefühl, nicht wirklich „im eigenen Körper“ zu sein. Die direkte Arbeit an und mit dem Körper ermöglicht ein anderes und tieferes Erleben. Wir sprechen dann nicht „über etwas“, sondern wir fühlen und spüren in uns, was wir ausdrücken möchten. Wir sind in Kontakt mit dem, was geschieht.

Die Körperarbeit hilft, all diese Verbindungen zu erkennen, zu vertiefen und die eigenen Ressourcen wieder sinnvoll zu nutzen.

Das Abhören der Peristaltik-Geräusche des Darms aus der Sicht der Körperpsychotherapie

In der Körperpsychotherapie wird der Körper als Ausdrucksmedium innerer Zustände betrachtet. Das Abhören der Peristaltik-Geräusche mit einem Stethoskop kann hier nicht nur als diagnostisches Werkzeug verstanden werden, sondern auch als Brücke zwischen physiologischen Prozessen und psychischen Dynamiken.

Der Bauch als Zentrum des Erlebens
Der Bauch wird oft als Sitz des „zweiten Gehirns“ betrachtet, da das enterische Nervensystem eng mit unseren emotionalen Zuständen verknüpft ist. Emotionen wie Angst, Freude oder Stress spiegeln sich direkt in der Aktivität des Darms wider. Die Peristaltik ist somit nicht nur eine physische Bewegung, sondern auch ein Ausdruck emotionaler und energetischer Prozesse.

Das Abhören als achtsame Intervention
Das Abhören der Peristaltik-Geräusche wird in diesem Kontext zu einem Akt der Präsenz und Achtsamkeit: TherapeutIn und PatientIn lauschen nicht nur den Geräuschen, sondern nehmen die gesamte Qualität des Moments wahr – wie z.B. die Atmung, die Körperspannung und mögliche emotionale Reaktionen.

Die Bedeutung der Geräusche
Die wahrgenommenen Geräusche werden in Beziehung zum psychischen Erleben gesetzt:
Regelmäßige, lebhafte Geräusche können ein Hinweis auf eine gute innere Verarbeitung und den Fluss von Emotionen sein.
Stockende oder fehlende Geräusche können auf eine innere Blockade hinweisen, sei es emotionaler Natur (unterdrückte Gefühle) oder durch Stress hervorgerufen.
Plötzliche oder überaktive Geräusche könnten Ausdruck einer Überstimulation oder eines emotionalen „Sturms“ sein, bei dem die PatientIn sich überfordert fühlt.
Durch das Hören der Peristaltik wird die PatientIn eingeladen, ihren Körper bewusst wahrzunehmen. Was spürt sie im Bauch, wenn sie die peristaltischen Geräusche hört?
Die Verbindung zwischen Bauchaktivität und aktuellen Gefühlen wird thematisiert.
Fühlt die PatientIn Stress, innere Anspannung oder Ruhe?
Durch Atemübungen oder Berührung kann die BehandlerIn die Darmaktivität indirekt beeinflussen und so die PatientIn dabei unterstützen, Blockaden zu lösen oder Entspannung zu finden.

Symbolik und Bedeutung

Die Darmbewegung kann in der Körperarbeit als Metapher für das „Verdauen“ von Erlebnissen gesehen werden – sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn. Ein blockierter Darm kann symbolisieren, dass etwas im Leben der PatientIn nicht verarbeitet wurde, während regelmäßige Darmgeräusche Ausdruck von Lebendigkeit und innerem Fluss sind.

Fazit
Das Abhören der Peristaltik dient der Begegnung mit dem inneren Selbst der PatientIn. Die Geräusche des Darms erzählen Geschichten über Emotionen, Blockaden und Lebensprozesse. Die BehandlerIn wird zur achtsamen ZuhörerIn, die hilft, innere Botschaften des Körpers zu entschlüsseln und in Einklang zu bringen.

"Mit dem Stethoskop können wir hören, ob die Körperenergie im Fluss ist."